Kapitel 7: stille Berührung

Veröffentlicht am 11. Oktober 2024 um 13:14

Die letzten Sonnenstrahlen des Tages fielen durch die orange-roten Baumwipfel auf den weichen Waldboden. Das kleine Mädchen saß an einem umgefallenen Baumstupf gelehnt im Lotussitz. Die Sonne wärmte sie. Es roch nach Moos, nach Rinde und nach trockenem Laub. Im hellen Licht drehten die Schwebfliege ihre abendlichen Runden. Sie kitzelten dem Mädchen auf dem Kopf und flogen im Gesicht herum. "Hatschi" Sie schüttelte sich und war dann bemüht, wieder regungslos zu sitzen und nichts zu tun. 

Plötzlich raschelte der Brombeerstrauch. "Bitte kein Wildschwein!", dachte das Mädchen, versuchte aber weiter so unsichtbar wie möglich zu bleiben. Weder ihr Körper noch ihre Gedanken sollten die Natur um sie herum beeinflussen. Sie wollte spüren und wissen, wie es sich angefühlte, ein Teil des Waldes zu sein. Alles schien aufeinander abgestimmt und miteinander zu reagieren. Sie blieb still, nicht wissend, worauf sie wartete.

Dem kleinen Reh ging es ebenso. Angezogen von einer friedvollen Athmosphäre war es durch den Wald gezogen. Dieser Abend schien besonders zu sein. Was war das? Da saß ein kleines Geschöpf auf dem Boden. So ein Tier hatte das kleine Reh noch nie gesehen. Es legte den Kopf schief. Ob es harmlos war?

Die Neugier ließ sich nicht bändigen. Das Licht, die Wärme, der Duft, das kleine Reh fühlte sich geborgen. Bevor es sich versah, lugte sein Kopf durch den Busch, dann sein Bein und plötzlich stand es mitten auf der Lichtung.

Beide Herzen pochten vor Aufregung, als sie sich in die Augen sahen. Sie spürten einander. Keiner traute sich, sich zu bewegen. Das Mädchen lächelte still, als das kleine Reh vorsichtig näher kam und mit langgestreckter Nase schnupperte. Dann wurde es ihm doch zu spannend. Es hüpfte mit allen vier Beinen in die Höhe und verschwand langsamen Schrittes wieder im Wald. 

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