Kapitel 8: Nicht-Meditation

Veröffentlicht am 11. Oktober 2024 um 21:40

Lieblingsmensch sah zu seiner Tochter hinauf, die mit ihrer Kuscheldecke im Arm vor ihm stand und auf ihn hinabblickte. Ein wenig hatte er sich erschrocken, als die Tür seines Meditationsraumes mit einem schwungvollen Klacken aufging. Doch als er ein Tapsen hörte begleitet von leiseren Schritten, war ihm klar, wer heute früher als sonst wach war. “Willst du mit meditieren, Marie?”, fragte er das Mädchen. Der dunkle Schatten vor ihm schüttelte den Kopf. “Ne, ich will hier nur bei dir sitzen.” Und dann positionierte sie sich mit ihrer kuscheligen Decke vor Lieblingsmensch und schwang die Beine ebenfalls in den Lotussitz. Stille umgab sie. Die Katze lag vor ihnen und trat rhythmisch mit den Pfoten auf und ab.

Nach einer Weile hob Marie die Hand und hielt sie mit etwas Abstand über den Rücken der kleinen schwarzen Katze. Diese seufzte und streckte sich. Marie hielt nun beide Hände in der Luft, als wollte sie das Fell streicheln, ließ aber einen Spalt dazwischen frei. Nur die Wärme ihrer vierbeinigen Freundin war zu spüren. Sie atmete ein und aus und spürte. So saßen sie einfach eine Weile. Plötzlich zuckten die Muskeln der kleinen Samtpfote und sie streckte sich erneut mit einem langgezogenen Schnaufen.

“Marie, du meditierst ja doch!”, flüsterte Lieblingsmensch in die Stille. “Hm, hm, neee, ich mache nichts bestimmtes. Ich fühle nur ein bisschen.” und dann legte sie die Hände in den Schoß, ebenso wie ihr Vater und sie saßen einfach eine Weile zu dritt und machten nichts bestimmtes. Still war es. Der Atem kam und ging. Eine besondere Atmosphäre breitete sich aus. Katze Koki entspannte mehr und mehr und wurde ganz lang und schwer.

“Bim bim bim bim”, der Wecker meldetet sich. Vater und Tochter streckten sich. Katze Koki blieb noch etwas liegen. “Nun aber auf, der Tag beginnt.” sagte Lieblingsmensch.

“Darf ich heute mitkommen? Wir haben doch Ferien.”, bettelte Marie. “Ach, ich weiß nicht, vielleicht. Es könnte langweilig für dich werden.” “Das ist doch egal. Kann ich Tommi mitnehmen? Er interessiert sich auch dafür.” Lieblingsmensch seufzte: “Wenn es sein muss. Aber wir reden nur. Wir machen nichts mit Tieren heute.” “Egal”, strahlte Marie und hüpfte in die Küche und holte die Hafermilch aus dem Kühlschrank.

“Na ihr zwei”, begrüßte sie Monika mit einem Lächeln. “Was habt ihr denn schon so früh am morgen ausgehäkt?” Lieblingsmensch, der auch auf den Namen Richard hörte, schmunzelte: “Wir haben heute Nicht-Meditation gemacht.”

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